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Weil's Wurst ist

  • Autorenbild: Timur Vermes
    Timur Vermes
  • vor 2 Tagen
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 4 Stunden

So hilfreiche Comics zu nervigen Themen könnte man öfter brauchen: die nachdenkliche Metzgererzählung „Fleischeslust“

Illustration: Martin Oesch - Edition Moderne
Illustration: Martin Oesch - Edition Moderne

Fleisch essen ist … problematisch. Kriegt man eine Grillparty schneller gesprengt als mit diesem Satz? Schon klar, bei Vegetariern rennt man offene Scheunentore ein, aber bei allen anderen? Und genau das ist doch das Problem: Will man sachlich drüber reden, was und wieviel sich ändern sollte/könnte, muss man viel dringender die vielen anderen erreichen. Martin Oeschs „Fleischeslust“ fängt schon mal genau richtig an: mit einem attraktiven Bild.


Der schönste Blick ist: auf die Theke


Eine Wursttheke hat er aufs Cover gesetzt, eine attraktive Wursttheke. Und das ist schon mal ein großer Schritt auf die Nichtvegetarier zu: Da ist einer, der akzeptiert, das Wurst eine leckere Sache sein kann. Mit dem kann man sich unterhalten. Sogar wenn er mit einem Fleischalptraum einsteigt.

Illustration: Martin Oesch - Edition Moderne
Illustration: Martin Oesch - Edition Moderne

Seine Hauptfigur ist Erwin Merz, letzter richtiger Metzger in der City einer Schweizer Stadt. Merz hat (ja, ein bisschen platt) Alpträume wegen der geschlachteten Tiere. Aaaber: zeichnerisch sind diese Alpträume sehr, sehr ansehnlich. Und Merz’ Arbeitsalltag wird durchaus positiv geschildert: Er macht gerne Würste, gerne Rollbraten, er ist stolz auf seine Arbeit. Aber er sieht auch, was alles nicht mehr so ist, wie er es einmal mochte.


Ein Fleischer mit Charakter


Er schlachtet nicht mehr selbst, kauft das Fleisch aus dem Schlachthof zu, weil es dann billiger ist – und seinen Kunden ist es nie billig genug. Die Därme hat früher ein Fachmann zugeliefert, heute kommen sie aus China. Irgendwie müsste es anders gehen, aber Erwin ist kein Revolutionär, sondern ein ganz normaler Metzger.

Illustration: Martin Oesch - Edition Moderne
Illustration: Martin Oesch - Edition Moderne

Martin Oesch begleitet Erwin auf seinem Tag, wir gehen in die blitzsaubere Metzgerei, in den Großmarkt, den Schlachthof, und Oesch verteufelt nichts. Selbst das größte Gemetzel im Schlachthof zeichnet er knallbunt, lebhaft und doch vorurteilsfrei. Es ist eine Industrie, aber sie existiert, weil der Kunde es will. Wir sind auch nicht in einem verdreckten Ausbeuterschlachthof, weil Erwin da nicht einkaufen würde. Man kann sich beim Angucken empören, aber nur, wenn man selbst die Empörung mitbringt – die Bilder geben sie per se nicht her.


Held mit Nitritpökelsalz


Überhaupt die Bilder: Flächig, bunt, kraftvoll, sie erinnern an Brecht Evens, vor allem, wenn Oesch richtig loslegt und beispielsweise die Metzgerei und ihre Räume geradezu escherhaft ineinander verschachtelt. Er will neugierig machen, uns hinter die Kulissen eines Traditionshandwerks mitnehmen. Überhaupt kann man den leicht meisterederigen Erwin in seiner Sperrigkeit und seine mit ihm gealterte Margrit gut nachvollziehen. Selbst, wenn sie Nitritpökelsalz für unverzichtbar halten, vielleicht sogar eben deshalb. Und dann?

Illustration: Martin Oesch - Edition Moderne
Illustration: Martin Oesch - Edition Moderne

Klar, Merz begegnet einem Ökobauern, lernt Alternativen kennen. Wird er sich deshalb ändern? Oder eher in den Ruhestand gehen? Oesch verrät es nicht. Er will ja auch nicht aus Merz seinen Wunschmetzger formen. Sondern die Leser in die Fleischwelt mitnehmen. Mit welchen Konsequenzen? Das ist das Stärkste an Oeschs Band: Es gibt keine Vorgaben.






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