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Comicverfuehrer

Wie arbeitet man als Künstler in einer Diktatur? Vier Comics berichten aus dem Iran und Nordkorea. Und ihre Bilanz ist so gruselig, dass man lachen müsste

Illustration: Fabien Tillon/Fréwé - bahoe books
Illustration: Fabien Tillon/Fréwé - bahoe books

Rambo, gar nicht mal so gut getroffen. Stimmt. Schon das erste Bild hier ist gar nicht so besonders, aber das ist diesmal egal: Weil die Geschichte einfach gut ist. Das gibt’s und wenn man die hat, kann man auch mal mit der Kunst eher bedarfsorientiert arbeiten. Wie in „Der Diktator und der Plastikdrache“: Der Band ist zeichnerisch eher anspruchslos, die Geschichte dafür völlig irre. Und real dazu.


Filmförderung auf nordkoreanisch


Ende der 70er Jahre dämmert dem Nordkoreas Diktatorensohn und Filmfan Kim Jong-Il, dass nordkoreanische Filme grauenhaft verkitschter Propagandamist sind und mit James Bond-Blockbustern nicht ansatzweise konkurrieren können. Kurz darauf wird der südkoreanische Regisseur Shin Sang-ok nach Nordkorea entführt.

Illustration: Fabien Tillon/Fréwé - bahoe books
Illustration: Fabien Tillon/Fréwé - bahoe books

Warum, sagt ihm keiner, stattdessen wird er von Handlangern des Regimes umerzogen und in Einzelhaft gesteckt. Nach Jahren mit Propaganda, Fluchtversuchen und Folter bis hin zur Scheinhinrichtung wird Sang-ok dem Nachwuchsdiktator vorgestellt, der ihn erst bejubelt und dann mit Sang-oks gleichfalls entführter Ex-Frau und Starschauspielerin Choi Eun-hee in eine Villa steckt. Dort sollen beide von nun an im Staatsauftrag mit nahezu unbegrenzten Vollmachten Filme machen.


Ein Kunstgriff genügt


Ein halbes Dutzend ordentlicher Streifen entsteht, bis dem Paar 1986 unter abenteuerlichen Umständen in Wien die Flucht gelingt. Die Geschichte ist so absurd, dass es einfach genügt, sie nicht kaputtzumachen, und genau das macht Fabien Tillon: Er strafft die Story etwas und nutzt einen Kunstgriff, nämlich mit Sang-oks Entführung zu beginnen und ihn möglichst lang im Ungewissen zu lassen. Ansonsten vertraut er der Handlung.

Illustration: Fabien Tillon/Fréwé - bahoe books
Illustration: Fabien Tillon/Fréwé - bahoe books

Die Panels von Zeichnerin Fréwé (Frederique Rich) liegen zwischen Hausgebrauch und trashy, aber in den besten Momenten (wie auf dem Cover!) ergänzt sich das sogar perfekt. Vor allem, weil beide auch hier starken Szenen vertrauen: Wie etwa Sang-ok nach Jahren im Knast praktisch direkt aus der Zelle auf Kim Jong-Ils Prachtparty (zu Ehren des entführten Regisseurs!) abgeliefert wird. Da reicht es, wenn man sich einfach nicht verkünstelt. Dann klebt man noch einen ordentlichen Making-of-Teil dran, nicht zu lang, nicht zu kurz, mit Hinweisen auf das Fernost-Kino und die nordkoreanische Entführungspraxis, fertig ist eine gruselkomische Horrorkomödie, in der man obendrein auch noch brandaktuell mitkriegt, wie Autokraten sich ihre eigene Welt zurechtbasteln, mit der sie der blöden Realität entgegentreten wollen.

Fortsetzung folgt, in Ihrer Tageszeitung.


Zuerst gekommen, zuviel Kunst genommen

Illustration: Sheree Domingo/Patrick Spät - Edition Moderne
Illustration: Sheree Domingo/Patrick Spät - Edition Moderne

Beim Googeln ist mir dann aufgefallen, dass die Story vor kurzem bereits als Comic verarbeitet wurde: von Sheree Domingo und Patrick Spät, unter dem Titel „Mme. Choi & die Monster“, gesponsert und gestützt von der oft sehr geschmackssicheren Berthold-Leibinger-Stiftung. Aber soviel die Freude die Autoren hier spürbar am Stoff hatten, ist ihnen doch ein wenig der Gaul durchgegangen: Sie haben einen von Sang-oks nordkoreanischen Auftragsfilmen derart gründlich eingebaut, dass ich ohne den „Plastikdrachen“ zuvor vermutlich nur die Hälfte kapiert hätte. Wer hier zugreifen mag, sollte vielleicht vorher wenigstens die entsprechenden Wikipedia-Einträge lesen.


Gesprengter Obstsalat

Illustration: Keum Suk Gendry-Kim - avant-verlag
Illustration: Keum Suk Gendry-Kim - avant-verlag

Nordkorea zum dritten: Keum Suk Gendry-Kims „Mein Freund Kim Jong-un“ verspricht eine möglicherweise satirische Auseinandersetzung mit Diktator und Staat und liefert eine Art Obstsalat quer durch den Gemüsegarten. Mal streift sie den eigenen Alltag in Südkorea, mal interviewt sie ehemalige südkoreanische Präsidenten, mal einen Freund des Diktators, dann kommt ihre eigene Jugend dazwischen samt der Klage über eine japanische Freundin, die ihren Namen falsch ausspricht, ein Kind, das im Koreakrieg von kolumbianischen Soldaten nach Südamerika mitgenommen wurde – Roger over hä? Weil’s das noch nicht genug Zutaten sind, zitiert die Harvey-Award-Trägerin auch noch Chaplin, interviewt eine geflohene Nordkoreanerin, die findet, dass man als Frau ruhig den Körper einsetzen sollte und, ja, auch das kommt vor, einiges, was man über die Diktatorenfamilie samt dem aktuellen Herrscher weiß und daher überall lesen könnte. Optisch ist das alles anspruchsvoll und aus einem Guss, stilistisch wechselt es ohrfeigenschnell zwischen Kummer und Comedy, inhaltlich ist es, als hätte man Kraut und Rüben in einen Kessel Buntwäsche geschmissen und anschließend gesprengt. Wer soll daraus schlauer werden?



Kakerlakack

Illustration: Mana Neyestani - Edition Moderne
Illustration: Mana Neyestani - Edition Moderne

Kürzlich habe ich mich ja sehr über Mana Neyestanis grandiose „Papiervögel“ gefreut, und wie immer stellt sich die Frage: Hat der nicht vielleicht schon vorher gute Sachen gemacht? Antwort: Ja, aber andere. Er hat sich sozusagen geschickt an die „Papiervögel“ herangetastet.


Aufruhr im Gottesstaat


Neyestani ist 52, Iraner, startete dort als Cartoonist und wäre das im Prinzip auch gerne geblieben. Warum es anders kam, schildert sein Debüt „Ein iranischer Albtraum“. Neyestani zeichnet eines Tages für die Kinderseite eine Kakerlake, die ein Wort sagt, das aus einem regionalen Dialekt in die Alltagssprache gewandert ist. Der Cartoon sorgt für Aufruhr im Gottesstaat: die Leser jener Region fühlen sich als Kakerlaken beschimpft. Ob der Konflikt real oder politisch provoziert ist, lässt sich nicht herausfinden – aber Neyestani wird verhaftet.

Illustration: Mana Neyestani - Edition Moderne
Illustration: Mana Neyestani - Edition Moderne

Seine Haft entpuppt sich etwas weniger als Folterdrama sondern als kafkaeske Bedrohung: Neyestani ist mal als Aufrührer beschuldigt, mal zu seinem eigenen Schutz inhaftiert, er soll sich entschuldigen, er soll seine Kollegen bespitzeln, und stets begegnet er Gefangenen, die ähnlich wenig wissen.


Flucht nach Frankreich


Gefangene vergewaltigen andere Gefangene gegen Drogen, die Beamten sind undurchsichtig, unberechenbar, und über die Gänge und zum Verhör wird man nur mit verbundenen Augen geführt, weil… tja, es bleibt ein Rätsel. Genauso rätselhaft kommt eines Tages die Entlassung, allerdings sofort begleitet mit der Drohung des Wiedereinsperrens. Neyestani flieht mit seiner Frau nach Frankreich – gut für die beiden und die Comicszene.

Illustration: Mana Neyestani - Edition Moderne
Illustration: Mana Neyestani - Edition Moderne

Im „Iranischen Albtraum“ macht er das Beste aus seiner Comic-Unerfahrenheit. Den Plot liefert die Realität, sein schwarz-weißer schraffurbetonter Stil ist der des politischen Zeitungscartoons, beides kombiniert sich sehr gut zur skurril-düsteren Gegenwartsskizze, die sich, so bitter das klingt, auch ausgezeichnet konsumieren lässt. Und nebenher erklärt, wie sich autoritäre Regime komplexerer Kompetenzen und deren wirtschaftlicher Nutzung berauben


Maya Neyestani, Marin Aeschbach (Üs.), Wolfgang Bortlik (Üs.), Ein iranischer Albtraum, Edition Moderne, gebraucht erhältlich, beispielsweise hier.





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Die Outtakes (34): Mit 1 attraktiven, aber schiefen Vergleich, 1 rassigen Zweitaufguss und 1 unentschlossenen Paradies

Illustration: Roberto Grossi - avant-verlag
Illustration: Roberto Grossi - avant-verlag

Fliegen an der Windschutzscheibe


Erwarte ich zuviel von Roberto Grossi? Der will in „Die große Verdrängung“ die großen Krisen der Gegenwart auf den Punkt bringen. Weil ihm die Menschheit vorkommt wie ein Schwimmer, auf den ein Hai zurast – und während ihn alle von der Jacht aus warnen, schaut er lieber zu den Luxus-Hochhäusern am Strand. Und es sieht lange gut aus, weil Grossi wirklich überraschende Bilder findet – das Cover ist nur eines davon. Aber dann zeigen sich Mängel. Dass er etwa einen Großteil der Fehler beim Kapitalismus verortet – obwohl sich andere Wirtschaftsformen auch nicht umweltfreundlicher gezeigt haben. Bis auf: Armut (die sich übrigens auch keiner der Armen freiwillig ausgesucht hat). Dann dämmert einem auch langsam, dass das Hai-Bild nur klappt, wenn man den Klimawandel akzeptiert: Den Hai kann man nicht bestreiten, weil er sofort beißt. Das Klima aber beißt weit weniger deutlich. Am stärksten ist der Band daher, wenn er so argumentiert, dass man rational nicht widersprechen kann. Etwa mit der schönen Beobachtung von Windschutzscheiben. Wer in den 80ern im Auto nach Italien rauschte, sah spätestens ab der Po-Ebene vor toten Insekten kaum noch die Straße. Und heute? Aber wer heute um die 20 ist, kann natürlich behaupten, so viele Insekten hätte es nie gegeben.



Haustiere in der Nazigeschichte

Illustration: Isabelle Maroger - Helvetiq
Illustration: Isabelle Maroger - Helvetiq

Das war’s irgendwie nicht. Dabei hat „Lebenborn“ ein spannendes Thema: die Zuchtprogramme der Nazis. Nicht nur war Hitler der Ansicht, man könne rassisch verbesserungsfähige Gegenden „aufnorden“, indem man ein paar Einheiten notgeiler junger Soldaten, vorzugsweise SS, hinschickt. Sondern man kümmerte sich auch um die auftretenden unehelichen Kinder. „Lebensborn“-Heime sorgten für eine unkomplizierte Geburt. Eines dieser Kinder ist die Mutter von „Lebensborn“-Autorin Isabelle Maroger (welche den Stoff selbst schon als Buch verarbeitet hat). Jetzt wagt die Tochter die Zweitverwertung, wobei sie den brisanten Stoff allerdings häufig entschärft. Etwa durch den niedlichen Stil, bei dem an allen Ecken süße Haustiere durchs Bild springen. Oder durch die Betonung der Familienfindung (die sich jedoch von der herkömmlicher Adoptivkinder wenig unterscheidet). Vor allem aber, weil sie die politische Brisanz kaum erfasst. Denn letztlich haben die Nazis hier exakt das gemacht, was ihre Nachfolger heute der Politik vorwerfen: Bevölkerungsaustausch. Was die ideale Brücke zum Heute gewesen wäre: Dass man nämlich auf so eine absurde Idee vermutlich überhaupt nur dann kommt, wenn man sie selbst insgeheim prima findet.



Schlange im Eintopf

Illustration: Ville Ranta - Reprodukt
Illustration: Ville Ranta - Reprodukt

Auch schon wieder 13 Jahre her: Ville Ranta, der Finne, der kürzlich so pointiert wie selbstironisch den französischen Proficomic-Betrieb schilderte, hat 2012 den schmalen Band „Paradies“ herausgegeben. Eine freche Adam-und-Eva-Erzählung, bei der weder Adam noch Eva noch Gott oder Schlange gut wegkommen. Das sieht flott aus, ziemlich joann-sfar-geschult, ist skurril und auch unverschämt, aber eben dadurch auch nicht so ganz schlüssig. Natürlich können alle Beteiligten einen an der Klatsche haben, aber seltsamerweise zündet der Einfalts-Eintopf dann nicht so recht. Wohl, weil man zur Identifikation jemand Halbnormales braucht, um an den Deppen verzweifeln zu können.









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Didier Conrad und Fabcaro schicken die Gallier nach Portugal – mit kaum Gags, dafür noch weniger Action und schon gar keiner Lust

Illustration: Didier Conrad/Fabcaro - Egmont
Illustration: Didier Conrad/Fabcaro - Egmont

Ob es stimmt, was in der „Süddeutschen“ steht? Für den neuen Band „Asterix in Lusitanien“ soll Zeichner Didier Conrad schon mal angefangen haben, bevor Texter Fabcaro sein Szenario liefert. Weil Conrad 15 Monate zum Zeichnen braucht, Fabcaro aber nur sechs zum Texten. Zeichner und Texter müssen also nicht zusammenarbeiten, sondern nur gleichzeitig fertig werden oder wie oder was? Sinn ergäbe das nicht, würde aber erklären, warum sich da zwei herzlich wenig für die Arbeit des Anderen interessieren. Und warum das Ergebnis genau so aussieht.


Verschickt wie ein Amazonpaket


Asterix und Obelix müssen also nach Lusitanien/Portugal. Warum? Weil ein „Lusitaner“ in Panel 4 auftaucht, in Bild 8-13 was von einem inhaftierten Freund erzählt und Majestix in Panel 15 Asterix und Obelix losschickt wie ein Amazonpaket. Da ist die zweite Seite noch nicht fertig. René Goscinny hat für sowas noch sechs Seiten (bei den Briten) gebraucht, oder zehn (bei den Schweizern), aber der wusste ja mit dem Platz auch noch was anzufangen. Etwa Figuren einzuführen wie Teefax oder den kleinen Pepe.

Illustration: Didier Conrad/Fabcaro - Egmont
Illustration: Didier Conrad/Fabcaro - Egmont

Aber dieser Ehrgeiz fehlt Fabcaro bei seinem Skript. Klar, nicht mal Conrad wartet ja drauf. Also flickt er was zusammen: Asterix wird den Unschuldigen befreien und dessen Unschuld beweisen. Indem er, kommt man nie drauf, ins Gefängnis geht und den Häftling einfach fragt, was der selber so meint. Aaaaber nicht sofort. Denn die Seiten und vor allem die Zeit bis dahin müssen erst noch gründlich totgeschlagen werden. Letzteres ist auch deshalb nötig, weil es noch nie zuvor in der Serie derartig wenig Schläge gab.


Ganz neu: Asterix ist jetzt gewaltarm


Es ist tatsächlich das erste Mal, dass man in einem „Asterix“ über Gewalt reden muss: nämlich über fehlende. „Asterix“-Prügeleien waren mal ein Fest des einfallsreich und perfekt choreographierten Slapstick. Diesmal wartet man bis Seite 25 (!), und nach einem einzigen (!!) Prügelpanel ist alles erledigt. Danach gibt’s nur noch eine Törtchenschlacht und das Finale, das auch nur in einem Bild Action nachweist. Aber gut, Conrads Prügeleien waren schon immer verzichtbar, vor allem, wenn man genug andere Gags hat. Bloß: Hat man die?

SZENE AUS DEM WERBEMATERIAL - NICHT IM BAND     Illustration: D.Conrad/Fabcaro - Egmont
SZENE AUS DEM WERBEMATERIAL - NICHT IM BAND Illustration: D.Conrad/Fabcaro - Egmont

Fabcaro versucht’s mit Aktualität. Mit der Rentenreform oder dem Internet. Das klappt mehr schlecht als recht, auch weil die Römer den Galliern keine Rente zahlten. Ein kleines Wunder ist, dass der Passwort-Gag ziemlich gut hinhaut. Aber häufiger noch werden alte Witze aufgewärmt: Die „Weine und Kohlen“ aus dem „Avernerschild“, das Marketingsprech aus „Obelix GmbH und Co. KG“. Nebenher wird Obelix zur goofyartigen Dumpfbacke, die plötzlich mit Fachwissen prahlt (seit wann denn das??) und keinen Fisch isst (was er im Spanienband noch tat). Chrrrrrr. Etwas Spannung wäre jetzt recht. Aber woher soll die kommen?


Der große Gegenspieler: machtnix

Erinnern Sie sich an Claudius Bockschus, der Asterix in Spanien unablässig Knüppel zwischen die Beine warf? Agrippus Virus, dem vor lauter Vergiften das Gift ausging? Den durchtriebenen Moralelastix? Aber was sind diese drei gegen den Verräter Karies, der – hm, wartet, bis man ihn halt im Hafen findet? Oder den Präfekten Fetterbonus, von dem man vor allem fürchten muss, dass er eine Trump-Parodie ist, weil er dann nämlich richtig, richtig scheiße getroffen wäre... Aber warum soll sich Fabcaro um besseres Schurkenmaterial bemühen, wenn der Zeichner gar nicht erst so tut, als hätte er Lust auf seinen Job? Man muss nicht einmal das Heft öffnen, um Didier Conrads Gleichgültigkeit zu sehen.


Perspektiven wie beim Schwindelanfall

Illustration: Didier Conrad/Fabcaro - Egmont
Illustration: Didier Conrad/Fabcaro - Egmont

Schon auf dem Cover fragt man sich: Wie flugzeugträgergroß muss eigentlich diese Galeere sein, damit sie da im Hintergrund weit entfernt im Wasser schweben kann, als läge sie im Hafen vor Anker? Diese vollwurstige Perspektive passt aber ideal zu dem gepflasterten Platz auf Seite zwölf, dem optischen Äquivalent zu einem gutartigen Lagerungsschwindel. Und so geht es weiter. Wie triefnass kam Asterix einst in der Schweiz aus dem See, mit welcher Ernsthaftigkeit wrang Obelix seine Hose aus? Nach dem An-Land-Schwimmen in Lusitanien kriegt Obelix ein paar unsinnige Krakel auf die Hose, der strohtrockene Asterix ist vermutlich geschwebt. Ist das kleinlich? Nein, es ist ein Unterschied, ob man eine Szene spielt oder einen Text aufsagt.


Festmahl mit Brötchen vom Vortag


Oder besser: runterleiert. Festmähler bei Asterix weckten einst Heißhungerattacken, bei Conrads Prunkorgie auf Seite 39 gibt es nur Teller mit zwei Sorten Klumpen, die eine beige, die andere braun. Sind’s Kartoffeln? Sind’s Brötchen vom Vortag? Und als Asterix nach langer Reise in Olisipo/Lissabon ankommt, dem „größten Hafen der römischen Welt“ – was hätte Uderzo daraus gemacht? Eine grandiose Draufsicht, mit einem waldartigen Mastengewirr, einer Vielfalt an Leben, feilschenden Händlern, einkaufenden Frauen, spielenden Kindern. Conrad liefert ein klägliches Stadtbild, einfachst gezeichnet, und in dem ärmlich gefüllten Hafen treibt, handgezählt, eine einzige größere Galeere. Ich würd's Ihnen gern im Bild zeigen, aber die Macher geben digitales Material nur mit größter Vorsicht raus. Wer Conrads Panels ansieht, ahnt sofort, warum.

Illustration: Didier Conrad/Fabcaro - Egmont
Illustration: Didier Conrad/Fabcaro - Egmont

Man könnte heulen, doppelt zumal, weil im (erzählerisch dürftigen) „Idefix“ Spin-Off mit Jean Bastide ein Zeichner zur Verfügung stünde, der nachweislich Lust hat, Uderzo das Wasser zu reichen. Aber so schaut man eben fassungslos zu, wie das Mienenspiel von Asterix mit jeder Seite an Varianten verliert, bis er zum Schluss seine halbgeschlossenen Augenlider überhaupt nicht mehr aufkriegt. Erst soll das noch Listigkeit andeuten, wo keine ist, dann Gutmütigkeit, Langeweile, vermutlich die von Conrad selber, weil er immer dasselbe Gesicht malen muss. Ich versteh' ihn gut: Mir ging's nach dem Zuklappen ähnlich.



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