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Comicverfuehrer

Kindercomics-Test (11): „Die schreckliche Adele“ sorgt für Stirnrunzeln – doch Julia (auch 11) vermisst etwas anderes

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Illustration: Diane le Feyer/Mr Tan - Egmont BÄNG! Comics

Tough, schlagfertig, unerschrocken: Auf Anhieb spricht eine Menge für „Die schreckliche Adele“, eine Kinderserie. Diesmal wird Adele eine Märchenzuckerwelt voller Prinzessinnen und Einhörner aufmischen, und das klingt ja prinzipiell gut. Aber an der Oberfläche kratzt man besser nicht.


Der Konsumtraum: Cocktails plus Shopping


Denn woran erkennt Adele diese Märchenwelt als Märchenwelt? Daran, dass Mädchen zum Friseur gehen, im Pool Cocktails schlürfen und shoppen. Hinter dem Traum steckt zwar ein harter Prinzessinnenwettbewerb, doch das Konsum-Ideal selbst ist für sie okay. Nehm ich mal so staunend zur Kenntnis.


Noch ärgerlicher ist, was Adele so sauer macht: Dass die Prinzessinnen den harten Wettbewerb mitmachen müssen, wohingegen die Prinzen den ganzen Tag nur spielen und von Feen bedient werden. Woraufhin Adele erstmal die Prinzen an- und ihre Hilfsfeen vergiftet (!), denn: „Lernt endlich, wie man Essen zubereitet und Unterhosen wäscht!“ Was einerseits ein berechtigter Wunsch ist, aber:

Wer bekocht eigentlich Adele?

Wer wäscht ihre Unterhosen?


Was würde Pippi Langstrumpf tun?


Kann es sein, dass Adele nur sauer ist, weil es sich andere noch bequemer gemacht haben? Warum verzichtet sie nicht einfach auf den Prinzessinnen-Contest? Was hätte Pippi Langstrumpf getan? Jedenfalls hat die nie Tommy und Annika ihre Idee von Unterhosenreinigung aufs Auge gedrückt, obwohl sie ihre Wäsche tatsächlich selbst erledigte. Und Julia?


Das mit der Gerechtigkeit leuchtet ihr sofort ein. Die einen brauchen Schmunzelpunkte, die anderen nicht, das ist wirklich unfair. Trotzdem wäre sie nicht lieber bei Adele: Denn „die ist immer schlecht gelaunt.“ Noch schlimmer: In dem ganzen Comic findet Julia keine sympathische Figur außer dem Oger Fleckweg (dessen Dauergag der Comic-Gelehrte Steve Martin 1982 hier erläuterte).


Irgendwas läuft hier völlig falsch


Dabei sieht Adele gut aus: Julia mag die Zeichnungen, und ihr lesemuffliger jüngerer Bruder hat den Band freiwillig aufgeklappt und immerhin angefangen: „Adele“ ist knallbunt, schwungvoll gezeichnet, nicht zu brav, nicht zu irritierend, direkt disneytauglich. Aber trotzdem läuft hier offenbar etwas grundfalsch. Als ich Julia nach der besten Stelle im Comic frage, sagt sie verblüffend schonungslos: „Das ist wieder Fleckweg. Das war das Beste, was ich noch finden konnte.“


Die beste Stelle: s.o.

Die niedlichste Stelle: Entfällt, weil: „Das war das einzige, was mir gefallen hat.“



Julias Entscheidung


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Selbstporträt: Julia

Also gut, „Alldine“ bleibt an der Tabellen-Spitze wie der FC Bayern. „Adele“ ist kein Top Drei-Material, das kann schon mal vorkommen. Aber was dann passiert, war nicht vorherzusehen...




  • 1. Alldine & die Weltraumpiraten

  • 2. Das unsichtbare Raumschiff

  • 3. Zack!

  • 4. Witches of Brooklyn

  • 5. Hugo & Hassan forever

  • 6. Boris, Babette und lauter Skelette

  • 7. Hände weg von unserem Wald!

  • 8. Trip mit Tropf

  • 9. Willkommen in Oddleigh

  • 10. Karl der Kleine: Printenherz

  • 11. Superglitzer

  • 12. Die schreckliche Adele




... wird natürlich fortgesetzt



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Härtetest für Kindercomics (10): An den „Witches of Brooklyn“ scheiden sich die Geister. Ich bin eher genervt, aber Julia (11) erwägt sogar einen Spitzenplatz

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Illustration: Sophie Escabasse - Egmont BÄNG! Comics

Hexen können prima sein: Penelope Bagieus rasante Bearbeitung von Roald Dahls „Hexen hexen“ fällt mir sofort ein, aber vielleicht ist das der Fehler. Denn im Vergleich damit fällt für mich „Witches of Brooklyn“ von Sophie Escabasse deutlich ab. Ich ertappe mich sogar bei dem Gedanken: „Wie kriegt man Hexen so langweilig hin? Und das in New York??“


Lieferando Kids


Bei zwei älteren Wunderheilerinnen in Brooklyn klingelt nachts um Eins ein Herr vom Adoptionsbüro und liefert Effie (11) ab, um die sich die zwei ab sofort kümmern sollen. Seltsam? Lieferando Kids? Aber so steht es eben geschrieben. Es wird recht viel gejammert und recht wenig gehext. Effie geht in die neue Schule und findet Freunde, und irgendwann stellt Effie fest, dass ihre Finger leuchten. Die Damen jubeln: Daran, so enthüllen sie, erkenne man, dass Effie eine Hexe ist wie die beiden selbst ja auch. Sie zeigen ihr sogar ein bisschen von ihrer eigenen Hexerei. Und was sagt Effie dazu? Sagt sie:

a) „Wahnsinn! Zeigt mir sofort die besten Tricks!“

oder

b) „Irre! Was kann ich damit machen? Einfach alles?“

oder

c) „Ich muss in die Schule! Heute ist unser Demokratie-Referat!“


In der Tat: Richtig ist Antwort c). Ab da hab ich die Hoffnung aufgegeben, dass da noch irgendwas Reizvolles rausgähnnnnnnnn. Aber als Kind hätte ich wohl weitergelesen, weil: Sprechblasen! Geht es Julia ähnlich?


Gerettetes Pop-Sternchen


Tatsächlich liest Julia weiter, aber ihr fällt es scheinbar überhaupt nicht schwer. Sie merkt zwar streng an, der Verlag können die Worte „Kräuterhei-lkundige“ und „untersch-reiben“ sorgfältiger trennen, aber das Abenteuer funktioniert für sie hervorragend. Dass die Hexen-Tanten dann ein superberühmtes Pop-Sternchen von seinem roten Gesicht erlösen und alles gut ausgeht, alles sehr süffig - man kann sagen: Julia ist so ziemlich rundum zufrieden. Sie hätte nur gerne gewusst, was ein „Au-pair“ ist.


Die beste Stelle: Wie Effie im Keller Francis, der verzauberten Ritterrüstung, begegnet und wie sie dann Tränke zusammenrühren. Spannend und lustig zugleich!

Die niedlichste Stelle: Gar nicht so niedlich, aber gut: Effie erweckt eine Schlange aus einem Bild zum Leben!



Julias Entscheidung


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Selbstporträt: Julia

Das hätte ich nie gedacht: „Alldine“ hat an der Spitze nichts zu befürchten, das „unsichtbare Raumschiff“ ist safe, aber schon „Zack!“ steht auf wackligen Füßen - es geht um Platz 3!




  • 1. Alldine & die Weltraumpiraten

  • 2. Das unsichtbare Raumschiff

  • 3. Zack!

  • 4. Witches of Brooklyn

  • 5. Hugo & Hassan forever

  • 6. Boris, Babette und lauter Skelette

  • 7. Hände weg von unserem Wald!

  • 8. Trip mit Tropf

  • 9. Willkommen in Oddleigh

  • 10. Karl der Kleine: Printenherz

  • 11. Superglitzer




... wird natürlich fortgesetzt



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Trotz Heavy Metal, Superstars und Wagner – für mich funktionieren diese Comics nicht recht. Doch für Fans könnte es durchaus klappen: Hier kommen die Outtakes!


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Illustration: Tony Sandoval - Cross Cult

Trübsal blasen mit der E-Gitarre

Manchmal ist weniger wirklich viel mehr: Die Idee zu „Doomboy“ stammt von einer wundervoll rührenden Kurzgeschichte. Länge: vier Seiten. Junge trifft Mädchen, sie reden nett und verliebt, verabschieden sich, und dann steht da nur der Satz: „Monica starb noch an diesem Nachmittag – sie wurde von einem Lkw überfahren.“ Boff!


Zeichner und Autor Tony Sandoval beschloss, daraus eine Graphic Novel zu machen. Die Pointe, die Trauer, stellt er gleich an den Anfang, und der trauernde Junge beschließt, seinen Kummer mit der E-Gitarre auszuleben. Zufällig geht das übers Radio, der Junge wird zum Heavy Metal-Gott. Länge: einhundertfünfundzwanzig Seiten. Preisfrage: Was klingt für Sie reizvoller?


Genau. Gottseidank gibt’s neben den ansehnlichen Zeichnungen auch noch die originale Kurzgeschichte dazu, hinten, als Bonus.




Supergroup im Standardmodus

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DELISLE IM DONJON. Illustration: Joann Sfar/Lewis Trondheim/Guy Delisle - Reprodukt

Das Problem mit Supergroups: Hohe Erwartungen – Ergebnis nur normal. Damit kämpft auch der neue Band der nun doch nicht abgeschlossenen Comicserie rund um den „Donjon“. Das Szenario kommt, wie immer, von den Comicstars Lewis Trondheim und Joann Sfar. Für „Donjon Monsters - Irgendwo anders“ haben Sfar und Trondheim jetzt Guy Delisle eingeladen, und der ist dank seiner „Aufzeichnungen“ in Jerusalem oder Birma selbst schon eine ziemliche Hausnummer, auch in Deutschland. Fertig ist die Supergroup.


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DELISLE NORMAL. Illustration: Guy Delisle - Reprodukt

Im Mittelpunkt des Bandes steht diesmal der Friedhof von Terra Amata, der den Vorteil hat, dass man dort mit den Toten sprechen kann. Leider bedrohen Immobilienfirmen den Friedhof und entführen die Geister. All das ist so absurd und unterhaltsam, wie man's im „Donjon“-Universum gewohnt ist, aber die Zutat „Delisle“ sucht man eher vergeblich. Wie soll das auch gehen? Im Donjon geht's dialogstark zu, Delisles Stärke hingegen sind die stillen, lakonischen Momente des Schauens und Staunens. Weshalb der Delisle-Einsatz wirkt, als ließe man Loriot ein paar Heizkörper grundieren.



Die Hand voller Fäden

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Illustration: Elsa Charratier/Matt Fraction - Schreiber & Leser

Reizvoll und leider nur begrenzt unterhaltsam ist „November“ von Matt Fraction und Elsa Charretier. Man kennt das ja: Eine Geschichte beginnt mit einer kruden Szene, die sich nach und nach aufklärt und uns in die Handlung hineinzieht. Fractions Krimi hingegen liefert nach der kruden Szene eine weitere krude Szene und dann noch eine, bis man die ganze Hand voller loser Fäden hat. Und sobald er einen dieser Fäden wieder aufnimmt, muss man zurückblättern, weil man nicht mehr weiß, was vorher eigentlich los war. Schade ist das vor allem für die schön reduziert gezeichneten Panels von Elsa Charretier, für die ich Band 2 gerne noch eine Chance geben würde. Wenn ich mich bis dahin noch erinnern kann, worum’s ging.



Wagner ohne Sound

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Illustration: P. Craig Russell - Cross Cult

Das hier ist was für Wagner-Fans, aber davon gibt’s ja einige – wenn Sie dazugehören: bitte sehr. Ansonsten ist der „Ring“ eine weitere eher mäßig funktionierende Comic-Musikumsetzung. Was nicht überrascht: Die Stärke von Opern ist ja nicht die muntere Handlung oder der gewitzte Dialog, sondern die musikalische Illustration von Szenen, Konflikten, Emotionen. Weshalb Wagners „Ring“ bislang auch eher selten als Stummfilm angeboten wird. Auch der Comic muss die vielgerühmte Musik weglassen – da sollte der Rest dann schon verdammt gut sein. Womit also füllt P. Craig Russell die weggefallene Arienzeit? Mit Breittreten und redundanten Bildern von nordischen Gestalten marktüblichen Zuschnitts.


Dabei könnte das Nibelungen-Thema sehr wohl und immer wieder einen guten Comic ergeben. Der Umweg über den „Ring“ gehört aber eher in den Wagner-Fan-Shop und ist dem Comic wenig hilfreich: Wer den Kennedy-Mord schildern will, nimmt als Textvorlage schließlich auch nicht Saxons alte Hardrock-Hymne „Dallas 1 p.m.“




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