Der Karikaturist Gerhard Seyfried überrascht mit dem neuen Band "Zwille": Der 70-Jährige ist etwas bequem geworden - doch den absurden Biss hat er noch immer
Neulich habe ich über Brösels neuen „Werner“ gemault und darüber, dass man nicht sturheil den alten Sums weiter vernudeln kann, wenn sich die Welt (samt Zeichner) doch reichlich verändert hat. Da hatte ich bereits übersehen, dass mit weit weniger Gedöns ein weiterer Altstar Neues vorgelegt hat: Gerhard Seyfried. Aber, seltsam: Obwohl Seyfried mit inzwischen 70 nochmal zwei Jahre älter ist als Brösel und ebenfalls dem eigenen Kosmos treu bleibt, habe ich mir bei ihm keine so großen Sorgen gemacht. Und womit?
Mit Recht.
Freak-Brothers-Liebhaber, Sponti-Ikone
Denn Seyfried… den kennen Sie doch, oder? Nicht? Okay, für die Jüngeren aus der U-40-Liga: Gerhard Seyfried ist ein in München geborener linksalternativer, eher harmloser Anarchist, der in den 70ern nach Berlin geflohen und dort mit der Sponti-Szene verwachsen, aber nicht verschmolzen ist. Entscheidend war seine Begegnung mit Gilbert Sheltons Serie „The Fabulous Furry Freak Brothers“, eine Parodie, die die Hippie-Bewegung boshaft kritisierte und zugleich aber zutiefst mit ihr sympathisierte. Seyfrieds besondere, zweifellos bundesverdienstkreuzwürdige Leistung: Ähnlich wie Harald Schmidt in punkto Late Night oder Ralf Husmann bei The Office schuf er – inspiriert vom US-Vorbild – eine durch und durch eigenständige deutsche Variante, die man ohne jegliches Fremdschämen genießen kann.
Seine Cartoons wie „Haschisch! – Gesundheit!“ oder „Pop! Stolizei“ gehörten in den 80ern an jeden anständigen Kühlschrank und altern dort heute noch erstaunlich gut. Denn wie Shelton machte Seyfried immer auch klar, dass die Linken, Alternativen und Spontis vielleicht Gutmenschen, aber keine besseren Menschen sind: mitunter einfallsreich und witzig, aber vor allem eher widerspenstig und dabei meist bequem, genusssüchtig und ähnlich dusselig wie Staat und Polizei.
Gutmenschen sind gut, aber nicht besser
Mit zunehmendem Alter erweiterte Seyfried sein Spektrum: In „Starship Eden“ oder den grandios bitteren „Future Subjunkies“ schickte er sein Personal in die Zukunft, nur um dort spöttisch immer wieder dieselben Mechanismen aufzudecken: Gier, Gutgläubigkeit, Geltungsbedürfnis und die stets allgegenwärtige Werbung, die bei Seyfried immer besondere Freude macht, weil sie entweder brachial-platt daherkommt („Schweinefleisch-Sensation!“, „Buy more cheap junk!“) oder hauchdünn übertrieben wie im neuen Band, wo wir gleich im ersten Panel hinter Titelheld „Zwille“ ein schönes Plakat entdecken für „All you can see – Flatrate Sightseeing“.
Die Story beginnt, als Zwille und seinem Kumpel MacÖko die Sozialhilfe für Comicfiguren gestrichen wird: Weil Comicfiguren nämlich nicht altern und damit den Sozialstaat Jahrhunderte lang belasten. Also suchen beide bei ihrem Zeichner einen neuen Job in einem neuen Comic. Das ist, zugegeben, nicht der stärkste Plot. Wie überhaupt Seyfried möglicherweise auch ein wenig bequem geworden ist.
Nach wie vor: Der Gag steckt im Detail
Die Zeichnungen, früher penibel getuscht, bleiben jetzt erstaunlich bleistiftlastig, stellenweise sind sogar die Text-Linien noch zu sehen, das kannte man von Seyfried bislang nicht. Der größere Verlust ist, dass er seitenweise Dialoge ohne Hintergründe zeichnet, die Figuren vor schlichtem Hellblau abbildet – dabei ist Seyfrieds Stärke das Beobachten von Kleinigkeiten, nach wie vor: Seine Wimmelbilder sind unnachahmliche Städte- und Massenportraits, bei denen jedes noch so kleine Plakat einen Gag liefert, und sobald Seyfried einen Alternativ-Markt, die Getränketafel in einem Coffee-Shop oder eine Straßenszene zeichnet, ist der anarchische Witz noch immer genauso da wie vor 40 Jahren.
Überwacht von der "Drohne Maja"
Von den Wänden wirbt „Zahlando“, auf Plakaten grüßt die SPD-Chefin „Infer Nahles“, auf dem Alternativmarkt gibt es Pflastersteine zu kaufen, aufgetürmt wie Äpfel, „Sorte 1. Mai“, und in Berlin servieren sie nur noch Burger: Döner-Burger, Haggis-Burger und Sushi Burger im „Happy Dolphin“. An der Wand warnt ein Graffito vor der „Drohne Maja“, und wann immer er Lust hat, stellt Seyfried in den Hintergrund bizarre Bausünden, die er so oder ähnlich in Berlin beobachtet.
All das ergibt eine schaurig-schöne Bestandsaufnahme der Gegenwart, die empört und zugleich versöhnt, die so entwaffnend und präzise kritisiert, dass man Seyfried nie wirklich böse sein kann, ihm aber dennoch permanent zustimmen muss. Wenn in 50 oder 100 Jahren Historiker oder Filmausstatter auf der Suche nach authentischem Material unserer Zeit sind, ist gut vorstellbar, dass sie bei Seyfried landen werden. Das gilt auch für „Zwille“, obwohl der Band diesmal nicht so zum Überlaufen vollgestopft ist mit optischen oder sprachlichen Pointen wie sonst.
Der Alltag braucht mehr Seyfried
Man möchte Seyfried mehr durch unseren Alltag schicken, mehr von unserem Leben durch seine Augen sehen, aber, wie er der taz verriet: „Comicmachen ist ein teures Hobby“. Inzwischen lebt er mehr von seinen Romanen, weil da die Vorschüsse höher sind und er davon die Miete besser und zuverlässiger zahlen kann. Das ist verständlich, zumal deutsche Comic-Zeichner üblicherweise nur zwei Altersvorsorge-Optionen besitzen: Hoffen und Bangen. Aber es ist zugleich auch unendlich schade.
Gerhard Seyfried, Zwille, Westend-Verlag, 16 Euro
Dieser Text erschien erstmals bei SPIEGEL Online.
Weil es die Großverlage nicht tun, veröffentlichen deutsche Liebhaber Comics aus dem Ausland selbst in Profi-Qualität. Das Ergebnis macht sie nicht arm, nicht reich, aber glücklich
Sie sind unzufrieden mit den Comics, die es zu kaufen gibt? Sie waren im Urlaub in Italien, in Frankreich, in den USA, und Sie haben dort Comics gesehen, die es leider nicht auf Deutsch gibt? Sie haben eine Lieblingsserie, aber die ist nach drei Bänden plötzlich eingestellt worden, weil es den großen Verlagen letztlich doch nur ums Geld geht? Dann ändern Sie das doch: Veröffentlichen Sie einfach das, was Sie wollen. Das ist im Comic-Bereich leichter möglich, als man denkt.
Mein Comic ist Hase
Vor mir liegt beispielsweise ein Band der exzellenten Serie „Usagi Yojimbo“. Der Amerikaner Stan Sakai zeichnet die Abenteuer des Samurai-Hasen Usagi, eine raffinierte Hommage an das mittelalterliche Japan, in der ein Hase sehr ernsthaft andere mickymaus-artige Tiere massakriert, nach allen Regeln der Kunst, mit seinen zwei Schwertern, dem Katana und dem Wakizashi, über die man nebenher genauso viel erfährt wie etwa über die Teezeremonie. Seit über 30 Jahren erscheint die US-Serie bei namhaften Verlagen wie Fantagraphics oder Dark Horse. In Deutschland erschien sie mal bei Carlsen, mal beim Schwarzen Turm. Jetzt veröffentlicht die Serie ein Krankenpfleger aus Mannheim.
Kein Ex-Krankenpfleger, wohlgemerkt: Josch Dantes arbeitet noch immer im Krankenhaus. Aber weil er die Serie liebt und mit der Veröffentlichungspolitik der bisherigen Verlage nicht zufrieden war, sicherte er sich die Rechte selbst. „Ich hab den US-Verlag einfach hartnäckig angerufen“, erzählt er, „bis ich beim Verleger war. Ich hab denen gesagt, wie ich das machen möchte. Und die haben mir die Chance gegeben.“ Es gab einen Probelauf, bei dem Dantes zwei Hasenbände unter dem Dach des Schwarzen Turms betreute, seitdem gibt er die Abenteuer in seinem eigenen Verlags heraus. So, wie er das als Leser selbst gerne hätte: neu übersetzt und nicht hin und wieder, sondern Schlag auf Schlag, alle zwei Monate einen weiteren Band, in der Originalreihenfolge, in professioneller Qualität.
Das Ergebnis sieht nicht aus wie von einem Krankenpfleger herausgegeben, sondern wie von jedem anderen seriösen Verlag. Angst hatte er dabei nicht: „Ich hab das vorher durchkalkuliert: Wieviel kann man verkaufen, was darf es mich kosten und was den Leser? Ich hab eine knapp fünfstellige Summe in die ersten beiden Bände investiert, aber es ist alles aufgegangen, ich hab nach einem Vierteljahr sogar 200 Euro übrig gehabt.“ Seither macht der 36-Jährige weiter, furchtlos, mit kleinen Auflagen. Inzwischen hat er sogar zwei weitere Serien im Programm, die er genauso liebt: „Slaine“ und „Gravel“, beide haben eine deutsche Misserfolgsvergangenheit, beide feiern ein kleines Comeback und machen den Verleger weder reich noch arm, doch dafür glücklich.
Es geht auch mit weniger Risiko
Aber was ist, wenn man nicht den Mut oder die Ersparnisse für fünfstellige Investments hat? Auch kein Problem: Man gründet einen Verlagsverein. Oder einen Vereinsverlag? Finix heißt das inzwischen über zehn Jahre alte Projekt, ein Kind des Internets, das aus dem Comicforum hervorging. Enttäuschte Freunde frankobelgischer Comicserien fanden zu einander, gruppierten sich um den umtriebigen (und früh verstorbenen) Optimisten Marc Schnackers und hatten letztlich nicht mehr zu bieten als die freundliche Fürsprache des Splitter-Verlags. Damit machten sie sich auf die Suche nach den Lizenzinhabern für die eingestellten Serien. Das Startkapital waren die freiwilligen „Investments“ der Vereinsmitglieder, jeweils nicht mehr als 100 Euro. Und seither läuft der Laden: Zwei bis drei Dutzend Serien wurden inzwischen komplettiert. „Manche laufen richtig gut, wie die Steampunk-Serie Hauteville House“, erklärt Vereins-Chef Oliver Hornig. „Damit machen wir dann Gewinn, mit dem wir die Serien veröffentlichen, die sich die Vereinsmitglieder wünschen.“
Die Wunschliste wird demokratisch erstellt, jedes Vereinsmitglied listet seine Top Ten auf. Das Ergebnis ist ein erstaunlicher Fundus frankobelgischer Qualität, nicht Champions-League-reif wie Asterix oder Lucky Luke, aber auf jeden Fall Bundesliga-Niveau. Mit drin: die sehenswerte Detektivreihe „Dieter Lumpen“, die Abenteuer des sanftmütigen Detektivs „Jackie Kottwitz“ oder die Tarzan-Parodie „King und Kong“, die mir etwas zu eindimensional ist. Aber eben darum geht es: Meine Meinung zählt nichts, die des Marktes genausowenig – „King und Kong“ waren ein Herzensanliegen der Vereinsmitglieder, Finix hat mit vielen Zusatzinfos eine liebevolle Gesamtausgabe hergestellt, bei der von vorneherein feststeht, dass man Miese macht.
Mit 100 Euro sind Sie dabei
200 Mitglieder hat der Verein inzwischen, die mit ihren „Investments“ das wirtschaftliche Risiko auch etwas abfedern: Für die 100 Euro bekommt man die zehn nächsten Alben gratis. Das einzige Problem ist, dass die deutschen Verlage inzwischen auf der Suche nach dem sicheren Absatzmarkt ebenfalls alte Ausgaben bewährter Stoffe entdeckt haben – für Finix engt das die Auswahl rentabler Alben ein. Hier soll jetzt eine Serie um „Die großen Seeschlachten“ einspringen, eine Augenweide für Schiffefans, die der Comic-Markt so bislang noch nicht bedient. Das Prinzip kennt man vom Rennfahrer-Comic oder vom Fliegercomic, für meinen Geschmack hätten’s mehr Schiffsbilder sein dürfen. Aber, wie gesagt: Auf den Kritiker pfeifen, selber machen!
Stan Sakai, Usagi Yojimbo, Dantes Verlag, Bände zwischen 14,95 und 18,95 Euro
Pat Mills, Slaine, Dantes Verlag, je Band zwischen 16 und 32 Euro
Warren Ellis/Mike Wolfer, Gravel, Dantes Verlag, je Band zwischen 15,95 und 19,95 Euro
Jorge Zentner/Ruben Pellejero, Dieter Lumpen, Gesamtausgabe, Finix-Verlag, 39,80 Euro
Alain Dodier/Pierre Makyo, Jackie Kottwitz, Gesamtausgabe, Finix-Verlag, Band 1-7 je 29,80 Euro
Jean-Yves Delitte, Die großen Seeschlachten, Finix-Verlag, je Band 15,80 Euro
Mazel/Cauvin, King und Kong, Gesamtausgabe, Finix-Verlag, je Band 39,80 Euro
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Niedliche Bärchen drucken die versautesten Comics der Welt: Klaus Cornfields grausig gute „Kranke Comics“ erscheinen im Sammelband – ausdrücklich „für keine Altersgruppe empfohlen“
Also, jetzt wird’s richtig heftig. Sogar regelrecht widerlich. Ekelerregend. Aber trotzdem: gut. Und auch sehr, sehr komisch. Okay, das klingt unglaubwürdig, doch ich versichere: Das geht, wenn auch nicht oft. Beispielsweise im soeben vom völlig unerwartet erschienenen Sammelband der „Kranken Comics“ von Klaus Cornfield.
Fix und Foxi auf Koks und Viagra
Der Verlag „Weissblech Comics“ hat die in den 90ern veröffentlichten acht Hefte wieder herausgebracht, das nie erschienene neunte Heft und ein paar Bonusspezialitäten dazu geheftet, mit bewundernswerter Risikobereitschaft: Denn rein unternehmerisch muss das Projekt ein Wagnis sein, die „Kranken Comics“ sind nichts weniger als eine grenzenlose Zumutung.
Die Handlung ist dabei immer ähnlich: Die süßen kleinen Verlegerbärchen Fou-Fou und Ha-Ha aus der verträumten Stadt Fürth wollen liebe, langweilige Comics verlegen, wie etwa „Fifi backt Brot“. Leider kauft das keiner, weshalb sie aus Geldnot Geschichten aus dem Leben ihrer bizarren Bekannten drucken müssen. Dazu gehören Leute wie der Schläger Sir Angry, der Pornoproduzent VJ Slam, sein Darsteller Slupi, die Nutte Nini, der Junkie Björn, der Idiot Klobert, der kiffende Schnorrer Bernd, die dämlich-geilen Zwillinge Irmi und Schirmi, Akne-Jürgen und ähnliche Gestalten, ich kenne keinen Comic mit einer gruseligeren Belegschaft. Tja, und dann – wie soll man beschreiben, was dann passiert? Stellen Sie sich vor, man hält Fix und Foxi 72 Stunden lang wach, ernährt sie ausschließlich mit Kokain und Viagra und lässt sie dann los. Aber richtig.
Irrsinn ohne Handbremse
Letzteres ist bedeutend, weil Cornfield viel weiter geht als nur irgendwelche frechen Vögeleien zu pinseln. „Krank“ ist die Mission und Cornfield nimmt sie todernst: Dreckig ist gar kein Ausdruck, nicht nur im übertragenen Sinn: VJ Slams Lieblingsdarsteller Slupi etwa ist alles andere als reinlich, und das zeichnet Cornfield in allen Details, mit Arschhaaren und Klopapierresten. Wenn der Heroinvorrat zur Neige geht, werden die Käfer aus der schimmligen Wand im Mixer verflüssigt und dann gespritzt.
VJ Slams Drogenversteck liegt tief in der enormen Vagina der „hässlichsten Nutte der Welt“. Es gibt keinen Eiterpickel, der Akne-Jürgen nicht im unpassendsten Moment aufplatzt, und ich bin hier noch zurückhaltend. Es wird ohne Unterbrechung gefickt, gepisst, geschissen, Cornfield zeigt, was Hemmungslosigkeit wirklich bedeutet, er löst die Handbremse nicht nur, er schmeißt sie aus dem Fenster, zusammen mit dem Erste-Hilfe-Kasten, dem Sicherheitsgurt und dem Warndreieck. Aber zugegeben, Provokation gibt’s ja öfter – warum sind ausgerechnet die „Kranken Comics“ auch gut?
Überforderung als cleveres Humorrezept
Erstens ist das ganze keine verklemmte „Liebesgrüße aus der Lederhose“-Angelegenheit, denn der ganze nackte Wahnsinn ist trotz seiner Detailtreue als Porno völlig ungenießbar. Zweitens ist Cornfield in seinem Witz genauso erbarmungslos wie in seiner Sudelei: Wenn der süchtigen Hure Nini zu ihrer erneuten Schwangerschaft mit der Nadel im Arm nur einfällt: „Fuck, jetzt darf ich wieder für zwei drücken“, dann kapitulieren bei mir einfach sämtliche Filter im Kopf unter der schier absurden Menge geballten Drecks.
Dazu kommt die Fassungslosigkeit angesichts dieser überbordend kranken Fantasie. Sir Angry lässt Björn seine Schulden abarbeiten, indem er ihn als künstlichen Hasen auf der Windhundrennbahn mit dem seltenen Geräusch „Draufsteck“ anal befestigt. Oder etwas harmloser: VJ Slams Darsteller macht schlapp, also zieht sich VJ eine gewaltige Ladung Koks rein und stellt sich der enormen Aufgabe „99 Cumshots“ zu liefern. Die kommen auch, Panel für Panel liefert Cornfield sie, mit Abspritzgeräuschen wie SUPP, FLENZ, BORAK oder FLECKMACH.
Was ist eigentlich der Cornfield für einer?
Vielleicht liegt es aber auch an diesem unglaublichen Gegensatz: Cornfield, eine höfliche, beinahe zierliche Person, gilt gemeinhin als gutartig und ist auch von normalen Menschen wohlgelitten. Beim durchaus anständigen Jaja-Verlag hat er eben „Pizza für Plüschohren“ herausgebracht, ein kleines, hundertprozentig sexloses Kochbuch der wehleidigen Verlegerbärchen.
Er war in den 90ern Kopf der tadellosen Indie-Kapelle „Throw That Beat“. Und hier findet sich möglicherweise auch der Schlüssel zum Rätsel.
Schon bei „Throw That Beat“ oder auch mit seiner späteren Band „Katze“ (die er beide in gleichnamigen Comics verwurstete), zeigt Klaus Cornfield eine Vorliebe für eine bewusst überspitzte, klebrig-schleimige Niedlichkeit. Vom „Schokoriegel zum Frühstück“ singt er zum Beispiel, oder wie man auf dem Sofa fernsieht und sich dazu einen feinen Kakao macht, also Heimeligkeiten, die in ihrer zuckrigen Konzentration genauso unerträglich wirken wie VJ Slams Salto in den Swimmingpool, über die weltweit einmalige Fleischrutsche aus vierzehn mit Tiroler Nussöl geschmierten Arschbacken. Erst zusammen wird ein sehr lustiger Schuh draus. Aber obacht: Die Bärchen warnen nicht umsonst auf dem Titel: „Für keine Altersgruppe empfohlen“. SCHWOMP! SCHLAWOK! SPRUDOZ!
Klaus Cornfield, Kranke Comics – Das gesammelte Elend, Weissblech Comics, 24,90
Klaus Cornfield, Pizza für Plüschohren, Jaja-Verlag, 6 Euro
Klaus Cornfield, Luna + Luno, Gesammelte Streiche, Jaja-Verlag, 14 Euro
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